Prof. Hans-Werner  Sinn  (Ifo-Institut) sagt  ja - zu einer nationalen  Parallelwährung  neben dem Euro !  

Nikolaus Piper, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, hat einem Vortrag des bekanntesten deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Hans-Werner Sinn entnommen (SZ 23.11.15, S.19), daß es – so Sinn - „ein vernünftiger Plan“ eines „ordentlichen Ökonomen“ sei, eine „Parallelwährung“ zu entwickeln, „um sich der Fesseln des Euro zu entledigen und mehr Geld ausgeben zu können“.

 

Was hat es mit den „Fesseln des Euro“ und der „Parallelwährung“ auf sich ?

 

1) Die „Fesseln des Euro“

Ein gemeinsames Währungssystem von Staaten mit unterschiedlich hohem wirtschaftlichem und sozialem Niveau bewirkt unabdingbar, daß in den nationalen Wirtschaftskreisläufen der Staaten mit niedrigerem Niveau fortlaufend, pro Kopf der Bevölkerung, ihrem niedrigen Niveau entsprechend, weniger Geld, umsatzermöglichend, konjunkturbestimmend, umläuft als in den „höher entwickelten“. Geld, Kaufkraft - und damit Wohlstand - fließen immerzu überwiegend und unverhältnismäßig in Richtung „arm zu reich“. Armut da nimmt fortlaufend – verhältnismäßig - zu, Reichtum dort wird immer größer.

Es war also ein tragischer Fehler, beispielsweise der Balkanstaaten, Italiens, Spaniens und Portugals, ihre autonome Landeswährung aufzugeben und sich so mittels des Euro an ein dauerhaftes wirtschaftlich und sozial vergleichsweise niedriges Niveau zu fesseln. - Die durch den Euro verfestigte oder gar vergrößerte soziale Ungleichheit zwischen den „Euro-Verbundenen“ zerstört inzwischen die ansonsten auf Grund ihrer gemeinsamen Geschichte und Kultur mögliche Freundschaft zwischen den involvierten europäischen Staaten und deren Völkern. – Der Euro mag sich ggf. für Betriebswirte „rechnen“, Volkswirte bewerten ihn eher als „volksschädlich“.

 

2) Befreiung von den „Fesseln“ – durch eine Zweitwährung, eine Parallelwährung

Den Euro insgesamt wieder abzuschaffen oder auch nur Euro-Invalide „rauszuschmeißen“, würde die Menschen Europas in lähmende Depressionen versenken oder in gefährliche Streiteren stoßen. Der Euro muß also – zunächst jedenfalls – bleiben. – Statt dessen:

a) Betroffene Staaten bringen, können freiwillig bringen, neben dem Euro in eigener Souveränität, autonom, zusätzliche, parallellaufende Zweitwährungen heraus.

b) Sie leiten ihren Bürgern – nicht ihrem Staatshaushalt und nicht den Geschäftsbanken - direkt oder indirekt – sukzessive in Lots - pro Kopf gleichhohe Neugeldbeträge zu. Als endgültige Auszahlung, nicht als Kredit etwa, zinsfrei also. – Das Neugeld fungiert als offizielles Zahlungsmittel, mit dem alle Zahlungsverpflichtungen im Inland – auch über Euro - erfüllt werden dürfen und können.

c) Zweifellos hält die Zweitwährung – überall selbstverständlich auf separaten Konten geführt – immer ein Wertverhältnis 1:1. Wie ein Gutschein auf Euro. Das Zweitgeld ist de facto „ein Euro, der im Land bleibt und dort hinreichende Absatzmöglichkeit schafft“.

d) Zweifellos wird die zusätzliche Geldmengenvergrößerung durch die Zweitwährung keinen Wertverlust für diese oder den Euro nach sich ziehen. Das geldwertbestimmende Gleichgewicht zwischen Geld- und Warenmenge ist dadurch gewährleistet, daß sich schon sofort nach Ankündigung der Zweitgeldemission eine angemessene Gütermehrproduktion in Gang setzt, die zuvor ohne die Parallelwährung nicht abgesetzt werden konnte und deshalb nicht produziert wurde.

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Kommentare: 3
  • #1

    Eckhard Behrens (Samstag, 28 November 2015 01:33)

    Siehe die Positionspapiere des Seminars für freiheitliche Ordnung unter http://sffo.de/sffo/positionen.html . Dort ist erläutert, was der Austritt aus dem Euro-Raum bringen kann und was eine echte Parallelwährung bewirken kann - eine andere Geldpolitik als die der EZB-Zwangsjacke ist jeweils die Chance, die aber auch ergriffen werden muss. Wer das begreift, kann auch weiterdenken bis hin zu einem "Staatlichen Nebengeld" oder IOUs".

  • #2

    WoltmannZeitler-Redaktion (Montag, 30 November 2015 11:24)

    HIER EIN AUSZUG DES TEXTES DER SFFO:
    "Erstens braucht Griechenland eine geordnete Insolvenz – auch weitere Staaten, die ihre Schuldenlast nicht tragen können, werden sie brauchen. Wir benötigen daher in Europa eine Verfahrensordnung für die geordnete Insolvenz von Staaten und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen:
    Die Insolvenz ist notwendig für einen demokratisch gestaltbaren Neuanfang. Statt einer zeitlich unabsehbar sich hinziehenden Entmündigung der demokratisch gewählten Organe des Schulden - Staates durch die EU begrenzt die Insolvenz den unvermeidlichen Souveränitätsverzicht des Schuldners zeitlich auf die Dauer des Verfahrens. Damit wird zugleich der Tendenz zur Aufblähung der EU zu einem Superstaat, der die verschuldeten Staaten als abhängige Provinzen behandelt, die Grundlage entzogen.

    Die Insolvenz ist notwendig für ein finanzielles Überleben der überschuldeten Staaten. Unternehmen können im Insolvenzfalle liquidiert werden, also untergehen, wenn ein Sanierungsplan keine Zustimmung findet. Dem Staat, der Insolvenz anmeldet, muss – wie in der Privatinsolvenz dem Privaten – die Möglichkeit einer weiteren Existenz auf Basis eines klar zu definierenden Existenzminimums belassen werden. Ihn mehr zu belasten, ist dem Staat und seinen Bürgern nicht zuzumuten, ihn weniger zu belasten, ist den bisherigen Gläubigern nicht zuzumuten und wird das Vertrauen der Kapitalmärkte nicht wieder herstellen.

    Zweitens braucht Griechenland eine Parallelwährung, etwa unter der Bezeichnung Drachme, die von der griechischen Notenbank als zusätzliches gesetzliches Zahlungsmittel ausgegeben wird. Dieser spart dem Land den Austritt aus dem Euro und damit eine Währungsreform. Das vorsorglich schon ins Ausland geflüchtete Geldkapital könnte nach Griechenland zurückkehren. Laufende staatliche Zahlungen werden 1:1 umgestellt. Durch eine dosierte Inflationierung der Parallelwährung von 5% p.a. wird die griechische Binnennachfrage stabilisiert und mit dem Angebot wachsen. Die Bevölkerung wird rasch lernen, sich inflationsgerecht zu verhalten, also beim Umgang mit der Drachme zu berücksichtigen, dass deren Wertaufbewahrungsfunktion eingeschränkt ist. Auf die Stabilisierung bzw. Stärkung der Binnennachfrage kommt es jetzt entscheidend an. Denn die notwendigen Sparmaßnahmen des Staates bedeuten zunächst einmal einen erheblichen Ausfall staatlicher Nachfrage – also das Gegenteil eines traditionellen Konjunkturprogramms. Deshalb ist das Land jetzt schon in die Rezession abgesackt und wird weiter in eine Abwärtsspirale hineingetrieben. Griechenland braucht jetzt zum Ausgleich für die schrumpfende staatliche Nachfrage ein Wachstum der privaten Nachfrage! Bei einem zum Sparen verurteilten Staat kann das nur noch mit geldpolitischen Maßnahmen erreicht werden, am einfachsten durch eine leichte, aber fühlbare Inflation der Drachme von „unter, aber nahe“ 5%. Alle Einkommen werden dadurch unverzüglich zu Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen und als Ersparnisse – bei einer steiler zu gestaltenden Zinsstrukturkurve für Drachme – Anlagen – von liquiden zu längerfristigen Anlagen und Sachinvestitionen. Durch einen – jetzt vielfach geforderten – Euro-Austritt Griechenlands soll konjunkturpolitisch durch Abwertung bei der Exportförderung angesetzt werden. Mit der Drachme als Parallelwährung wird ohne solchen Austritt die Binnenkonjunktur direkt gefördert.

    Wer die Nachteile dieses Weges, insbesondere die Mühen der doppelten Preisauszeichnung, des freien Wechselkurses zum Euro usw. vermeiden möchte, setze sich für die Drachme als staatliches Parallel – oder Nebengeld ein, das bei festem Umtauschkurs zum Euro von 1:1 mit einfacher Preisauszeichnung auskommt. Auch das Nebengeld ist gesetzliches Zahlungsmittel, das die Notenbank ausgibt. Alle Verträge, Steuern, und sonstigen Zahlungspflichten, auch neue, lauten weiterhin auf Euro, können aber, soweit sie inländische sind, auch mit dem Nebengeld getilgt werden, das durch die konsequente Umstellung aller inländischen Staatsausgaben (Gehälter, Renten, Beschaffungen) in den Umlauf kommt. Die Sicherung seines weiteren Umlaufs und damit der Binnennachfrage kann wegen der Bindung an den Euro als Wertmesser nicht durch eine dosierte Inflation erreicht werden. Vielmehr ist man auf eine Entwertung der einzelnen Geldscheine angewiesen, wie sie in Deutschland bei Regiogeldern, etwa beim Chiemgauer praktiziert wird. Der Umtausch in Euro soll rechtlich nicht behindert, sondern nur ökonomisch ein wenig gehemmt werden. Um eine Flucht in den Euro zu verhindern, dürfte eine Umtauschgebühr ausreichen, die in der Nähe des Betrages liegt, um den der Geldschein in einem Jahr entwertet wird.

  • #3

    WoltmannZeitler-Redaktion (Montag, 30 November 2015 11:32)

    Unsere WoltmannZeitlerBriefe befassen sich bereits seit Jahren mit dem Thema Zweitwährung. Ähnlich wie das SFFO, das Seminar für Freiheitliche Ordnung, einem der Antroposophie und der Silvio-Gesell-Gemeinde nahestehenden Verein, argumentieren wir zu Griechenland und der Zweitwährung. Die WZB - Redaktion vertritt bei Einzelheiten andere Lösungsvorschläge und wird demnächst in einem WZB über die währungspolitischen Vorstellungen des Deutsch-Argentiniers Gesell ausführlich schreiben.